Starke Familienbande



 Die Dinge sind manchmal nicht so, wie sie scheinen. Auf den ersten Blick ist das Autohaus Bodenstab ein freier Kfz-Meisterbetrieb, wie es ihn überall geben könnte – mit Reparatur- und Wartungsservice, mit einer Tankstelle, Shop und ADAC-Pannendienst. Im Gespräch mit dem Seniorchef Wilhelm Bodenstab und seinen beiden Söhnen Cassen und Gent merkt man jedoch bald, dass in diesem Betrieb ein paar Dinge anders laufen – und das hat mit der besonderen Insellage zu tun. „Bei Kundschaft, die hier Urlaub macht und unsere Hilfe braucht, sitzt uns immer der Zeitdruck im Nacken“, erklärt Wilhelm Bodenstab. „Die Leute müssen ja an einem festen Tag wieder nach Hause, weil der Urlaub zu Ende geht, die Kinder in die Schule müssen, die Arbeit ruft.“  Auch in anderer Hinsicht ist das Autohaus Bodenstab im besten Sinne besonders. Was alles zusammenhält sind feste Familienbande. 


Der Terminkalender der Werkstatt ist fast immer prall gefüllt – insbesondere zur Urlaubszeit. „Fast jede Woche werden wir zu einem Notfall gerufen, weil das Auto nicht anspringt, die Schlüssel im Wagen eingeschlossen wurden oder die Frisia meldet, dass ein Auto Öl verliert“, erzählt Gent Bodenstab: „Dann düsen wir los. Und dann muss es schnell gehen, denn das Schiff legt auf jeden Fall pünktlich wieder ab“. Den umgekehrten Fall, dass ein Auto am Ende des Urlaubs nicht mehr anspringt, gibt es mindestens genauso häufig. „Da geraten manche Leute regelrecht in Panik, oft fließen Tränen und wir müssen erst mal Beruhigungsarbeit leisten.“ Der Senior-Chef und seine Mitarbeiter haben schon viel erlebt. „Wir mussten schon Scheiben einschlagen und abgesoffene Autos bergen, die bei Sturmflut noch am Hafen abgestellt worden waren“. Die Bodenstabs könnten ein Buch über all die Erlebnisse schreiben. 

Alles etwas anders auf einer Insel

Besonders pfiffige Inselgäste reservieren bereits von zu Hause aus einen Termin im Autohaus Bodenstab. Sie nutzen ihren Urlaub für eine Reparatur, eine Inspektion oder die TÜV-Abnahme. Das Auto brauchen sie ja nicht während des Urlaubs. Darüber hinaus bringen die Privat- und Firmenkunden von Norderney sowie städtische Einrichtungen ihre Fahrzeuge zur Werkstatt. „Wir versuchen alles, um alle zufrieden zu stellen. Aber manchmal kann es auch etwas  länger dauern, bis Ersatzteile auf der Insel ankommen", sagt Gent. „Darauf stellen wir Norderneyer uns ein. Aber für Gäste ist das manchmal unverständlich, weil sie es von zu Hause anders gewohnt sind“. Auch Mitarbeiter zu finden, sei noch schwieriger als auf dem Festland. "Bewerbungen sind immer willkommen."

Vater & Söhne

Umso glücklicher ist Wilhelm Bodenstab, dass zwei seiner Söhne mit ihm im Betrieb arbeiten. Cassen, der jüngste Sohn, hat Automobilkaufmann bei einem BMW-Vertragshändler gelernt, ist gegprüfter Fachwirt für Vertrieb im Einzelhandel – und verantwortet seit 2015 die Verwaltung. Gent arbeitet seit 2018 mit dem Vater und zwei Kfz-Mechanikern in der Werkstatt. Die Firmengeschichte der Familie Bodenstab reicht bis in die 80er Jahre zurück. 1982 übernimmt der gebürtige Norderneyer und Kfz-Meister Wilhelm die kleine Autowerkstatt auf der Hafenstraße. Als Aral sich von Norderney verabschiedete, kommt die benachbarte Tankstelle hinzu. Im Laufe der Jahre veränderte sich der Betrieb von der Mercedes-, Audi- und VW-Vertragswerkstatt zur freien Werkstatt. „Wir haben uns immer wieder erfolgreich den Herausforderungen der Zeit angepasst", sagt Wilhelm rückblickend.

Von New Jersey nach Norderney

Ein großes Glück war und ist der starke Familienzusammenhalt. Das zeigt nicht zuletzt die Geschichte des mittleren Sohns, der nach 14 Jahren Aufenthalt in den USA mit Frau und Kind nach Hause zurückgekehrt ist. Die Liebe zu einer Amerikanerin verschlägt ihn im Jahr 2004 nach New Jersey. Seinen Traumjob findet Gent in einer Spezialwerkstatt, die Porsche-Autos für den Rennsport umbaut. Als Nachwuchs kommt, stellt irgendwann sich die Frage, wo die Familie auf Dauer leben will „Als ich meinem Vater erzählte, dass ich mich vielleicht auch selbstständig machen möchte, hat er vorgeschlagen, mit in den Familienbetrieb einzusteigen.“ Arbeit gibt es im Autohaus Bodenstab mehr als genug und das Team kann Verstärkung in der Werkstatt gut gebrauchen. Außerdem erinnerte sich Gent in dieser Situation an seine glückliche Kindheit auf Norderney – und wünscht sich das auch für seinen kleinen Sohn. Zum Glück hat Gents Frau Jessica, Lehrerin aus New Jersey, ebenfalls Lust auf das Abenteuer, von der Millionenmetropole auf eine Nordseeinsel zu ziehen. Zwei Jahre Probezeit gibt sich die Familie. Jessica meldet sich sofort für einen Deutschkurs an und arbeitet kurze Zeit später an der Kasse der Tankstelle. Kevin kommt in die Schule, findet schnell Freunde – und für alle ist klar: Wir bleiben auf Norderney. 

Das Leben in der Inselgemeinschaft und mit dem engen Familienzusammenhalt finden alle super. „Wir sind im Rotary Club und im Schützenverein aktiv, fahren alle Motorrad und feiern gerne“, erzählt Gent. Und das Beste – die nächste Generation steht bereits in den Startlöchern, um im Autohaus Bodenstab mitzumischen.

Bild: Dreamteam Vater & Söhne Bodenstab
(Foto: Ey Meister)


Autohaus Bodenstab
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