Wir haben die Karten in der Hand: Die globale Bewegung des "Climate Fresk"

 

 

Ich war beim Klima Puzzle und habe mich auf unbekanntes Terrain begeben. Denn was weiß ich schon wirklich über die Folgen des Klimawandels – zum Beispiel auf Kalkbildung, Kohlenstoffsenken, die Ozeane und, und, und? Nachrichten über steigende Temperaturen, Brände, Gletscherschmelze und anderes Ungemach will ich am liebsten ignorieren. Aber das fühlt sich irgendwie falsch an, denn die Frage bleibt ja: Wie werden wir leben, wenn Mensch nichts ändert - im großen Stil und weltweit? Es gibt dieses Sprichwort: „Du schützt nur, was du liebst. Du liebst nur, was du kennst. Du kennst nur, was dir beigebracht wurde.“  Hier setzt die globale Bewegung des Klima Puzzles an. Klingt spannend, also heißt es für mich: ausprobieren und mitmachen!

Wenn Wissen geteilt, ernst genommen und gemeinsam gestaltet wird, entsteht eine immense Kraft zum Handeln. In einer Zeit, in der Fakten oft verdrängt oder angezweifelt werden, sind Bildung, Dialog und kollektives Lernen umso wichtiger. Das Überzeugende am Klima Puzzle ist die breite Ansprache: Menschen aller Altersklassen, Bildungsniveaus und Hintergründe sind dabei -  aus dem Management internationaler Konzerne, aus mittelständischen Unternehmen, aus Schulen, Universitäten, aus Politik und Verwaltung bis hin zu Vereinen, Initiativen und Privatleuten - weltweit.

Die Idee stammt von Cédric Ringenbach, einem französischen Ingenieur und Klimaexperten. Er wollte eine Möglichkeit finden, seinen Studierenden die Daten des rund 6.000 Seiten langen Berichts des Weltklimarats (IPCC)* näherzubringen. Aus dieser Vision entstand eine Art interaktives Puzzle, das die wissenschaftlich belegten Zusammenhänge zwischen menschlichem Handeln, Treibhausgasemissionen, globaler Erwärmung und deren Folgen offenlegt.

Schwarmwissen nutzen

Das Erfolgsrezept ist Wissenschaft, die begreifbar ist, egal welche Vorbildung da ist.  Innerhalb von drei Stunden lernen, begreifen, staunen wir, wie alles mit allem zusammenhängt. Durch das in der Gruppe vorhandene Schwarmwissen entstehen Erklärungen für Ursachen und Auswirkungen in dem hochkomplexen System des Klimawandels. Das gemeinsame Legen des Puzzles führt zu Aha-Momenten, Diskussionen, Betroffenheit und zur Motivation der Veränderung, sei es politisch, persönlich, gesellschaftlich oder beruflich. 

Es ist so wichtig wie logisch, alle mit ins Boot zu holen, vor allem diejenigen, die im größeren Stil Entscheidungen herbeiführen können. Unsere Spielleiterin in Münsters Umwelthaus ist Heike aus Hamburg. Sie ist eine von tausenden "Freskerinnen", die weltweit Gruppen in Unternehmen, in der Politik und in der Bildung durch die 42 Karten lotst und Zusammenhänge erklärt, wenn die Gruppe doch mal den roten Faden verliert. 

 


Sie setzt sich in vielen Bereichen für Umweltschutz ein, aber das Klima Puzzle erscheint ihr am wirkungsvollsten, „weil wir viele Menschen erreichen, die dann selbst im positiven Sinn aktiv werden.“ Warum hilft ihr das Ehrenamt, auch selbst mit der Klimakrise klarzukommen? „Als Moderatorin begleite ich immer neue Gruppen, die selbständig lernen und Lösungen vorschlagen. Ich muss niemanden überzeugen oder eine Ideologie verkaufen. So kann ich 100% dahinter stehen und bekomme volle Unterstützung von der dynamisch wachsenden weltweiten Gemeinschaft. Das ist einfach großartig und gibt mir viel Kraft.“
Nicht alleine zu sein, persönlich aktiv zu werden und trotz aller Widrigkeiten von der Politik und Wirtschaft mehr Klimaschutz zu fordern, ist ein entscheidender Zweck, den das Klima Puzzle in allen Gesellschaften auf dieser Welt erfüllt. Kseniia, eine Teilnehmerin motiviert vor allem die Gemeinschaft: „Was ich aus dem Workshop persönlich mitgenommen habe, ist die Erkenntnis, dass es sehr viele Menschen gibt, die nicht gleichgültig gegenüber dem Klimawandel sind. Das Wissen um diese Verbundenheit und die Begegnung mit Gleichgesinnten geben mir neue Energie und Mut, um weiterzumachen – Schritt für Schritt meinen Beitrag zu leisten“.

Worum geht’s? „Change by design oder desaster!“

Nie in der Menschheitsgeschichte war Informationenbeschaffung einfacher und Bildungschancen besser. Das ist eine Riesenchance. Denn wenn wir das Problem nicht in den Griff bekommen, wird das Gleichgewicht auf der Erdkugel unwiederbringlich zerstört werden, Stichwort „Kipp-Punkte“. Die Gründe und Ursachen sind bekannt. Doch es fällt der Mehrheit schwer, die Folgen durch den CO2-Anstieg zu begreifen. Die Klimakrise ist abstrakt, komplex, beängstigend und schwer kontrollierbar. Mit dieser Kombination kann unser evolutionär geprägtes Gehirn nur schwer umgehen. Es bleibt zu hoffen, dass sich genügend Veränderungswillen, Klugheit, Wissen, Zuversicht, Mut und Mitgefühl breit macht, um das Ruder rumzureißen.


Wir haben es in der Hand: „Change by design or desaster“. Das hat der Architekt, Designer und Nachhaltigkeitsexperte William McDonough gesagt: Die ökologische Krise und die damit verbundenen Probleme werden wir Menschen entweder durch die eigene Gestaltung in den Griff bekommen oder aber wir werden durch unvorstellbare Katastrophen zur Veränderung gezwungen. Es liegt an uns Menschen, in welche Richtung wir gehen. Vielleicht ist die Climate-Fresk-Bewegung eines von zig klitzekleinen Puzzlestückchen im riesengroßen Ganzen. Hoffentlich!



*Der IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), auf Deutsch Weltklimarat, ist ein zwischenstaatliches Gremium, das 1988 von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) gegründet wurde. Er spielt eine zentrale Rolle in der globalen Klimapolitik, da er den Stand der wissenschaftlichen Forschung zum Klimawandel zusammenfasst und politisch Verantwortlichen zur Verfügung stellt.

Quellen:

https://www.de-ipcc.de/119.php
https://climatefresk.org/de-de/
https://www.klimafakten.de/klimawissen/basiswissen
https://www.helmholtz-klima.de/klimawissen/kippelemente-im-klimasystem
ARTE Mediathek Reportage: Klimawandel. Wie wir uns selbst betrügen., Erderwärmung stoppen - aber wie?


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  • Infos und Materialien des Klima Puzzles auf der Website 

 

Das TER.R.A Puzzle

Am 30. September 2025 ist ein Weltrekordversuch geplant an der Hochschule Karlsruhe mit über 1.800 Teilnehmenden: https://terra-puzzle.de/

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